Archiv

Startseite Bauwerke Chroniken Geschichten Personen Sagen Städte Bücher ARCHIV

Die Legende vom Burgritter Uhu

Hier seht ihr die Geschichte von dem Ritter, der vor vielen hundert Jahren diese Burg, die Eulenburg im heutigen Weltvogelpark Walsrode, erbaut hat. Wie er als Junge die Geheimnisse der Natur zu deuten lernte, allerlei Abenteuer bestand und schließlich selbst zum Ritter geschlagen wurde. Wie er sich auf die Suche machte, um seine große Liebe zu finden. Doch lasset uns die Geschichte von Anfang an erzählen.

Vor langer Zeit lebte nicht weit von hier, dem Gelände des späteren Weltvogelparkes zu Walsrode, ein Forstmann mit seiner Frau. In einer verzauberten Nacht, einer Rauhnacht zum Jahreswechsel, wurde den beiden ein Sohn geboren. Dieser hatte eine ganz besondere Gabe. Schon als Kind begleitete er den Vater in Wald und Forst, und bald kannte er jeden Baum, jede Pflanze und jedes Tier von Angesicht zu Angesicht. Über die Jahre lernte er, das Gebaren der Tiere wie eine Sprache zu verstehen. Seine Abenteuer in der Natur schärften seine Sinne auf wahrlich wundersame Weise.

Nachts lauschte der Junge den Rufen der Eulen. Der mächtige Uhu war sein Vorbild. Bald erfuhr der König von den wundersamen Fähigkeiten des Jungen und nahm ihn in seine Dienste. Eines Tages wollte der König eine nächtliche Jagd abhalten. So zog die Hofgesellschaft des Abends fröhlich in die Wälder. Plötzlich aber schoben sich dicke, schwarze Wolken vor die Mondsichel, und der König und Gefolge verirrten sich tief im Wald. Der Junge sprach: „Ich weiß mich wohl zurechtzufinden, da ich die Revierrufe der Eulen zu deuten vermag. Folgt mir, ich find für uns den Weg nach Haus!” So kam es, dass er den König, samt seiner Ritter, in völliger Dunkelheit zurück zum Hofe führte!

Einmal erschien dem Jungen im Traum der Uhu: „Morgen Nacht kommen Ritter, die das Dorf überfallen! Wenn Sie sich an das Dorf heranschleichen, sollst Du im Wald den Warnruf der Vögel von dir geben. Sei mutig, und vertrau auf mich.” In der folgenden Nacht nahm er all seinen Mut zusammen und stieß den Vogelruf aus, den ihm der weise Uhu im Traum gelehrt hatte. Da geschah etwas Ungeheuerliches. Wie auf ein Zeichen kamen alle Vögel der Nacht und schlugen die Räuberschar in die Flucht! Als der König hiervon erfuhr, ließ er den Helden zu sich kommen: „Für diese Tat schlage ich Dich heute zum Ritter!” Sogleich machte unser dankbarer Held den Uhu zu seinem Wappentier.

Eines Nachts saß unser Ritter auf dem kleinen Steg am Rande des Waldsees und lauschte den Rufen seines Wappentieres, als plötzlich etwas Unglaubliches geschah. Ein kleines Boot kam zu ihm herüber gerudert, und ihm entstieg eine wunderschöne Dame, deren Gesicht er so oft in seinen Visionen erblicket hatte. Was aber hatte sie zu ihm geführt? Sie erwiderte: „Ein weiser alter Uhu hat mir im Traum mein Glück gewiesen. Geleitet vom Ruf der Eulen habe ich diesen Platz gefunden!” Die beiden verliebten sich sogleich unsterblich ineinander. Es verging kaum ein Jahr, und das junge Paar lud auf der neu erbauten Burg zum großen Hochzeitsfest!

Nach einem glücklichen Leben bezeugte der Ritter Uhu im hohen Alter seine Dankbarkeit für die Tiere. Diese Burg, so will es das Testament von Ritter Uhu, soll für alle Zeiten ein Ort sein, an dem sich die Vögel sicher, behütet und willkommen fühlen. Ein Ort, wo wir Menschen von Angesicht zu Angesicht all das von den Tieren lernen können, was er einstmals selbst als kleiner Junge im Wald von ihnen gelernt hatte: Vertrauen gewinnen, den Tieren nah sein, auf ihre Stimme hören, mit ihnen wachsen. Diese Innigkeit kann man hier an diesem Orte tatsächlich auch heute noch ganz deutlich spüren. Und so mancher Mensch bekommt dann und wann auch ein Geheimnis von den Tieren anvertraut.

Das Original des Textes befindet sich in der heutigen Eulenburg, im Weltvogelpark in Walsrode