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Die Grafen von Steinhude

Damals, als die Grafen von Steinhude noch ihre Burg im Steinhuder Meer hatten und dort ihr Leben lebten, regierte Wolfhard III., Graf von Steinhude, auch Wolfhard der Gestrenge genannt. Er gehörte zwar zu diesem Grafengeschlecht, das aber nicht von Geburt an. Dafür aber seine Gattin Adelgunde. Seine Regentschaft war nicht gerade von Feiern und Festen gekrönt. Stattdessen regierte er mit harter Hand, hielt seinen Besitz zusammen und sah zu das seine Urteile gerecht waren. Unschuldige sollten, nach Möglichkeit, auch unschuldig bleiben. Gab es für ihn Ungereimtheiten in den Anschuldigungen, so dehnte er den Prozeß aus um doch noch, im Sinne der Sache, Recht zu sprechen.

Wie es allerdings in den meisten Familien so ist, es stellt sich Nachwuchs ein. Zu gegebener Zeit legte sich Adelgunde in Begleitung einer Hebamme ins Bett und der Graf brauchte dann auch nicht lange zu warten bis ihn das Geschrei seines Kindes von dessen Ankunft Mitteilung machte. Er eilte zu seiner Frau um ihr, falls nötig, beizustehen. Es erwies sich als unnötig, da die Hebamme alles schon erledigt hatte. Daher nahm er vorsichtig seinen Sprößlig auf den Arm und freute sich über dessen Lächeln. Zumindest kam es dem Grafen so vor.

Nach einigen Minuten gab Wolfhard seiner Frau ihr gemeinsames Kind zurück. Schließlich war sogar ihm, dem Gestrengen, bekannt das es so besser war. Dann begab er sich wieder in die große Halle der Burg. Schließlich hatte er hier noch so einiges zu erledigen. Urteile zu verkünden, Anordnungen für Bauern und Fischer zu erlassen, Aufträge für Bootsbauer und Holzfäller zu erteilen. Das hörte sich für Außenstehende nicht nach Arbeit an. Stimmt, wenn man nach den Worten geht. Das Wissen dahinter hingegen erforderte schon mehr als nur einige Anordnungen.

Es ging ja bei allem nicht nur um Wohl und Wehe der gräflichen Familie, sondern auch um das seiner Untertanen. Die kommende Zeit erforderte mehr Aufmerksamkeit. Es galt zusätzlich eine Tauffeier abzuhalten. Die sollte angemessen sein. Einerseits hatte man dabei zu zeigen das der Sprößling nicht Kind einer Familie war, die am Hungertuch nagte, andererseits mußte man sich als Graf auch vorsehen, das man bei der anstehenden Feier der Taufe nicht zu dick auftrug. Auch mussten die Gäste nicht unbedingt wissen das eventuell einiges Mehr in der Schatzkammer lag, als wie die Nachbarn es vermuteten.

Es gelang dem Grafen Wolfhard III. recht gut. Alle waren von dem, was aufgetragen wurde beeindruckt. Sie sahen jedoch auch das sie, nicht wie auch immer, beleidigt werden sollten. Entsprechend verlief die Feier und die Taufgeschenke fielen für den Sohn des Grafen, den zukünftigen Karl IV., gleichfalls entsprechend aus.

Die ersten Jahre verbrachte der Grafensohn nach seiner Taffeier in zusätzlicher Obhut einer Amme. Dazu lernte er mehr und mehr der Nachbarkinder kennen. Dabei fand er besonderes Interesse am Müllersohn. Anfangs halfen sie einander bei den Arbeiten, die der Müllersohn, ausführen sollte. Nach und nach wuchsen nicht nur beim Grafensohn die Kräfte sondern auch beim Sohn des Müllers. Dazu wurde er zusätzlich mit den Aufgaben betraut, die seinem Stand entsprachen. Dennoch hatte er Zeit sich mit seinem Freund zu treffen. Im Laufe der Wochen und Monate hatten beide mehr Freizeit. Diese musste irgendwie mit Taten gefüllt werden. So steckten die Zwei ihre Köpfe zusammen um eine Lösung zu finden. Wie das jedoch mit Jugendlichen so ist, konnten die Handlungen grob gesagt in zwei Richtungen führen. Eine Lösung bestand in Schabernack und die andere führte unweigerlich in den Kerker.

Da aber ein Graf mit strengem Vater im Spiel war, stand die Richtung fest. Beide, Grafensohn und Müllersohn, begannen ihre Mitmenschen mit Scherzen zu ärgern. Mal ritt ein ordentlich angeheiterter Ritter auf dem falschen Pferd nach Hause und fragte sich wie er auf die Idee kommen konnte zur Nachbarburg zu reiten. Nach einem Blick in den Stall war die Lösung klar. Da aber niemandem etwas passiert war, amüsierte sich auch der Betroffene über den Scherz. Einige Tage später traf es eine Magd. Sie plante sich warm zu waschen und zum Schluß die restliche Waschpaste mit einer Kanne warmem Wasser herunter zu spülen. Als Idee nicht schlecht. Wenn aber jemand einen Ulk ausführen will, konnte das schon einmal etwas anderes werden. So auch hier.

Karl bestach heimlich eine Küchenhilfe, damit die das Behältnis zu tauschte. Was sprach auch dagegen. Der Grafensohn hatte schließlich fest zugesagt das es ein Scherz werden sollte und niemand wirklichen Schaden erleiden würde. So nahm das Verhängnis seinen Lauf.

Die Magd genoss das warme Wasser und reinigtge sich ausgiebig. Dann kam das, was kommen musste. Sie goß sich die letzte Kanne Wasser über den Kopf. Allerdings trog sie der Glaube. Es sollte angenehm warmes Wasser sein. Heute hatte sie aber kein Glück damit. Das Wasser kam unmittelbar aus dem Burggraben und hatte die entsprechende Temperatur.

Kaum hatte sie begriffen wie ihr geschah, schrie sie auch schon los um den oder die Übeltäter mit ihren Drohungen an den Kragen zu wollen. Klar das andere Bedienstete die die Untat mitbekommen hatten sich köstlich amüsierten. Müller- und Grafensohn trieben auch weiterhin ihre Scherze und amüsierten damit nicht nur die Mitbewohner der Burg. Natürlich waren nicht alle mit dem Tun einverstanden, aber wirklich böse war trotzdem keiner den Beiden. Irgendwann wollte man sich aber irgendwie mal revangieren. Dazu klagte der Schmied den Sohn des Müllers sowie auch den Sohn seines Arbeitegebers an. Der Priester, welcher die Anklage vertreten sollte, war selbstverständlich eingeweiht. Man wollte ja keinem ersthaft schaden. Eine ordentlicher Denkzettel erschien aber angebracht. Graf Woldhard III. musste also über Sohn unddessen Freund zu Gericht sitzen und ein Urteil fällen. So startete man den Prozeß. Das der alte Graf von Steinhude nicht gerade erbaut von der Sache war, das dürfte selbst dem Tumbsten Untertan klar sein. So nach und nach kamen allerdings alle bekannt gewordenen Untaten von Müller- und Grafensohn zur Sprache. Nach der letzten vorgetragenen Schandtat galt es ein Urteil zu finden, das den Schandtaten gerecht war. Also warteten die Untertanen auf das, was der Graf in seiner angemessenen Härte beschließen würde.

Da aber auch sein Sohn in die Misere eingebunden war erwies sich eine Strafe als ziemlich heikel. Er konnte ja nich so einfach den Müller in den Kerker stecken und sein Nachwuchs würde sich ins Fäustchen lachen. Umgekehrt ließ es sich ja auch nicht einrichten. Aus diesem Grund bat der Graf den Priester der Ankläger mit zwei der Betroffenen zu sich und leiß sich im kleinen Kreis die ganze Sache noch einmal erklären. Er fügte aber seinen Worten hinzu das er zwar ein Urteil sprechen wolle, aber die Strafe solle eine Angemessene sein und den Beklagten zeigen das man nicht alles durchgehen ließ.

Kläger und Vertreter beratschlagten eine Weile, dann schlugen sie vor, das die Kinder eine baufällige Scheune wieder instand setzen sollten. Mit dieser Strafaktion wolle man sich zufrieden geben. Es ging ihnen schließlich nicht wirklich darum den Sohn ihres Dienstherren in den Kerker zu bringen. Es ging es nur darum dem Nachwuchs begreiflich zu machen das macher Schabernack doch etwas zu weit gegangen war. Auch sollten die beiden Übeltäter lernen das das Burgleben nicht nur aus Jux und Alberei bestand.

Graf Wolfhard III. von Steinhude willigte dem Ansinnen der Kläger ein. Allerdings packte er noch etwas obendrauf. Der Nachwuchs sollte lernen das es Dinge gab, die ein Zuviel nicht zuließen. So fiel das Urteil aus. Sein Sohn, Karl IV. und der Sohn seines Müllers durften wählen. Sie konnten sich den Weg vom Burgtor zur Scheune mit Schlägen führen lassen oder den Weg fegen um dann die Scheune wieder herzurichten. Die Entscheidung fiel schnell. Schließlich hatte es in den Wochen zuvor schon einige Urteile mit Schlägen auf den nackten Rücken eines Übeltters gegeben. So konnten sich die Verurteilten ausmalen wie es bei ihnen ausging. Da war Schweiß vergießen zwar nicht leichter, aber viel weniger schmerzhaft.

Nach der Urteilsverkündung wurden Besen vergeben und Karl IV., in Begleitung des Müllersohnes, machten sich an die Arbeit. Den Weg zu fegen schaffen sie noch am selben Tag. Die Scheune hingegen bedurfte schon etwas mehr Aufmerksamkheit. Eine Tage später und unter fachkundiger Anleitung, war auch die Scheune wieder in gutem Zustand. Den Spaßvögeln aber hatte die Arbeit deutlich gemacht das man ihnen nicht alles durchgehen ließ und sie beschränkten sich. Gemeinsam hekten sie zwar noch Späße aus, aber es waren wesentlich weniger als noch vor dem Urteil.

So blieb das auch als Karl IV. die Nachfolge seines Vaters antrat. Immer wieder gab es Überraschungen deren Verursacher mal der Graf und mal der Müller waren. Auch als beide eine Familie gründeten, unterließen sie es nicht doch ab und zu mit kleinen Späßen ihre Mitbewohner zu unterhalten. Später dann, als beide das Zeitliche gesegnet hatten, gab es den Vermutungen nach immer wieder Dinge bei denen, so kam es den Betroffenen vor, Graf Karl IV. oder sein Freund der Müllersohn ihre Hände im Spiel hatten.

Auch heute soll es noch gelegentlich vorkommen das die Ulkverursacher ihr Handwerk ausübten und Dinge an Orten geschahen, an denen es eigentlich nicht hätte geschehen dürfen. Aber die Nachfahren waren ihren Ahnen nicht wirklich gram darüber. Man nahm es hin, amüsierte sich und ließ den Spott über sich ergehen. Man wußte ja wer einem da den Streich gespielt hatte. Auch konnte man sicher sein, das einer der Spötter bei Gelegenheit an der Reihe war seinen Anteil am Vergnügen zu liefern. Und so amüsiert man sich mittlerweile im Umfeld der im Steinhuder Meer versunkenen Burg immer wieder mal auf Kosten anderer, wobei die Geister von Karl IV. von Steinhude und seinem Freund, dem Müller, sich kurz sehen liessen. So sagt man es jedenfalls im Kreis Eingeweihter hinter vorgehaltener Hand.