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Das Hexenbürgermeisterhaus von Lemgo

Einst, so im 16ten und 17ten Jahrhundert, wurden im Bereich der Grafschaft Lippe Hexen verfolgt. Unter Anderem verlieh der Graf Simon VI. dem Ort Lemgo die Blutgerichtsbarkeit. Mit dieser Verleihung hatte der Stadtrat über, von ihm ernannte, Richter das Recht bei bestimmten Straftaten über das Leben und Tod von Bürgern oder Bürgerinnen zu urteilen, deren Straftat den vorgeschriebenen Fällen entsprach.

Zwischen 1509 und 1681 trieben es die so genannten Hexenrichter recht arg mit der Verfolgung von Zauberern und Hexen. Meist waren es Frauen, die unter der Folter ein erzwungenes Geständnis ablegten. Da sie aber in der Realität meist unschuldig waren, oder ihre Unschuld nicht durchsetzen konnten, wurden die Prozesse in den Kellern des Bürgermeisterhauses durchgeführt. Die Helfer der Hexenrichter hatten immer ziemlich schnell heraus wie sie ihren Spaß mit den Angeklagten haben konnten. Mal wurden im Vorfeld die Stichwerkzeuge zum Hexenstechen heimlich gekürzt oder deren Mechanismus entsprechend manipuliert, so das er falsch funktionierte. Somit stand natürlich fest, das die Anklage begründet war. Die oder der Schuldige verweigerte verständlicher Weise das Geständnis. In dieser oder anderen Arten wurden von den Wächtern der Gefangenen nicht nur die Instrumente sondern auch die Aussagen manipuliert.

Das bei den ganzen Foltern und Erpressungen von Falschaussagen nicht nur das Gute anwesend war, spürten nur die wenigsten Personen in den Kellern. So blieb es nicht aus, dass Vertreter des wirklich Bösen, also echte Teufelsanhänger, sich bei den Verhören aufhielten. Sie genossen das Leiden der Gefolterten und weideten sich an den Taten und Schmerzen der vermeidlichen Hexen. Ab und zu, wenn wirklich eine Höllendienerin auf der Streckbank lag, nahmen sie ihrer Genossin die Folgen der Qual, damit die Richter glaubten das Gott seiner Dienerin half. Dem war jedoch nicht so, aber im damaligen Glauben galt es so. Die nun angeblich Unschuldigen bekamen einen Freibrief und wurden in die Öffentlichkeit und an ihre bisherige Bleibe zurückgesandt. Über die Erlebnisse im, später so genannten, Hexenbürgermeisterhaus und die Folgen der peinlichen Verhöre hatten sie stillschweigen zu bewahren oder durften sich dem nächsten Hexenprozess stellen.

Verständlich für die, welche schon einmal so ein Verhör erlebt hatten. Andere Stadtbewohner warfen oft genug noch ein Auge auf die neuen Freigesprochenen. Da blieb es nicht selten aus, dass nach wenigen Wochen in Freiheit die nächste Anklage folgte. Mochte dieser zweite Prozess erneut mit einem Freispruch ausgehen. Dann war in den Augen von Anklägern und Richtern aber Schluss mit Lustig. Man verhörte nun die Angeklagten solange und nach allen Regeln der Kunst, bis die Geständnisse den Vorstellungen der Anklage entsprachen. In dieser Zeit vergnügten sich die Wächter und Richter mit den Angeklagten. Hin und wieder kam dabei auch ein Kind zur Welt. Lange lebte es zu seinem Glück oder Unglück nicht. Entweder erdrosselte es ein Richter aus den Kreisen eines katholischen Ordens oder es bekam einen Giftcocktail ins Essen gemischt. Mit dem Tod des Säuglings war natürlich die Mutter wieder der Hexerei schuldig und die Diener des Bösen rieben sich für die neue Seele, im Geiste, die Hände. Der wirkliche Mörder stieg die Leiter in die Hölle einige Stufen tiefer. Im Nachhinein bestiegen die Hexen, wenn sie es noch erlebten, den Scheiterhaufen. Hier gaben sie ihr Leben und den irdischen Leib für den Aberglauben der Kirche. Auch die Körper der toten Kinder landeten nicht selten in den Flammen. Einige hingegen wurden aber im Boden der Kellergewölbe vom Hexenbürgermeisterhaus verscharrt. Neben diesen armen Seelen gesellten sich im Laufe der Zeit auch Leiber und Seelen von schönen Mädchen und jungen Frauen. Diese hatten weniger Zeit als Hexen, denn als Gespielin von Wächtern, Richtern und Mönchen in den Verliesen zugebracht. Weigerten sie sich dann auch noch am Treiben weiterhin teilzunehmen, hatten sie ihr Leben verwirkt.

Da man diese Frauen aber nicht mehr in die Freiheit entlassen konnte, nahmen sie zum Vergnügen der Übeltäter an einem letzten Hexentanz teil. Immerhin hatte man ja schon dafür gesorgt, dass die Unschuldigen, als Teufelsdienerinnen, ihrem Herrn in die Hölle folgen würden. Wen wundert es, wenn manche Seele den Weg ins Licht oder Feuer nicht genommen hat und Rache an ihrem Peinigern nehmen wollte. Aus diesen Gründen sieht man auch heute noch manchmal Schatten im Lichte der Fackeln der Besucher des Hexenbürgermeisterhauses zu Lemgo, welche ihre Ruhe nicht gefunden haben und noch immer nicht ihrem Fluch oder ihren Drohungen wahrmachen konnten. Ob sie je ihre Ruhe finden, das weiß nur der Himmel oder sie schließen vielleicht mit ihren damaligen Peinigern doch noch irgendwie Frieden.