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Das-Haus-Küster-in-Gladbeck

Einst, als die Landnahme und Landeroberungen noch so richtig im Gange waren, kamen auch einige Suchende in die Gegend, in der heute der Ort Gladbeck liegt. Eigentlich nichts Neues, da es so oder so irgendwann einmal passieren musste. Da jedoch kein Ansässiger den Angekommenen das in Besitz genommene Land streitig machte, teilten sie es für ihre Familien auf. Die meisten unter ihnen bekamen, was sie an Landstücken für sich beanspruchten. So weit so gut. Trotz allem blieben Teile des Geländes unbeansprucht, da man sie als minderwertig ansah oder selbst die Tiere einen Bogen um diese Fluren mache. Aus diesem Grunde bezeichnete man sie, in der Annahme doch noch etwas damit anfangen zu können, vorerst als Gemeingut. Gemäß den Teilungsurkunden blieben die Besitzverhältnisse. Zwar wurden durch Heiraten oder Todesfälle die Ländereien mal dem oder dem zugeschlagen, aber im großen Ganzen änderte sich nicht viel. Bäume wuchsen, wurden gefällt und Neue wieder angepflanzt. Wiesen wurden zu Weiden und umgekehrt. Eigentlich hätte alles so bleiben können. Doch wie es so im Dörflichen ist werden mal einer Familie zu viele Kinder in die Wiege geschickt. Die vorhandenen Ländereien könnten zwar geteilt werden aber danach wird keiner mehr richtig satt. Das Familienoberhaupt wandte sich an den Dorfältesten um mit ihm nach einer Lösung zu suchen. Er hätte seinen Jüngsten zwar enterben oder Schlimmers können, aber das lag nicht in seinem Sinne. Nach einer längeren Beratung fand sich eine vermeintliche Lösung. Der Familienjüngste sollte etwas Land bekommen und dort ein Haus mit Stall bauen können. Falls er in der Lage sei, so wäre ihm dort auch eine Schänke nebst kleiner Herberge erlaubt. Nach Begleichung des Kaufbetrages verließ das Familienoberhaupt den Dorfältesten und mache sich daran alles für das Erbe seines Kindes herzurichten. Zunächst wurde das Land abgesteckt. Jedoch so richtig wohl war ihm dabei aber nicht. Der neue Besitz war einer derer von denen man einst nicht wußte wie damit umzugehen. Zwar hatte man damit Land, was man aber damit sollte, war lange nicht wirklich bekannt. Es befand sich dort, wo sich heute das Gebiet von Vinzenzheim, die Villa Küster und die Straße Am Sägewerk befindet. Für eine Landwirtschaft zuwenig. Für das Angegebene aber ausreichend. Bis der Jüngste der Familie im Mannesalter war, hatte man alles soweit hergerichtet, das die Vereinbarung erfüllt war. Aus einem Hauptgebäude mit Stall stand es auf einer kleinen Anhöhe und war so vor zuviel Wasser auf dem Boden sicher. Für Tiere waren genug Stallungen errichtet und für Reisende gab es eine kleine Herberge mit Schänke und Ruhemöglichkeit. Im Prinzip schien alles perfekt. Wäre da nicht ein kleiner, vermeintlicher Schandfleck gewesen. Eine Fläche, etwa 30 mal 100 Schritten eines Mannes, war immer noch mehr als sehr feucht. Man hatte vieles versucht aber trocken bekam das Areal keiner, der es je versucht hatte. Da half es auch nicht wenn der Besitzer Boden aufgeschüttet oder Entwässerungsgräben gezogen hatte. Alles ohne wirklichen Erfolg. Das Gelände zwischen dem heutigen Besitz von Vinzenzheim, Villa Küster und Anfang Brücke der Buerschen Straße war und blieb, gelinde gesagt, ein Matschloch dem an manchen Tagen sogar die Schweine den Besuch verweigerten. Der Familienjüngste, nennen wir ihn mangels Überliefertem Namen Johann, erreichte das Mannesalter und bekam sein Erbe zugeteilt. Er nahm die Urkunden entgegen und wechselte ins Haus auf seinem Besitz. Hier richtete er sich ohne Hast nach seinem Geschmack ein bevor es dann vermehrt an die harte Tagesarbeit ging. Johann stellte in den darauf folgenden Tagen einige Zäune auf um die Wiesen in passende Bereiche zu teilen. Dabei stieß er auf &bduo;das Matschloch”. Mit großen Schritten umrundete er es und legte für sich fest, es separat einzuzäunen. Gesagt, getan.

Nach dem er einige Durchreisende mit Essen und Proviant versorgt hatte, ging es ans Werk. Gegen Abend stand der neue Zaun und eine Furche hatte Johann schon einmal angefangen. Rechtschaffen müde begab er sich zu später Stunde ins Haus, aß etwas und machte es sich im Bett gemütlich. Es vergingen einige Tage die er mit der zusätzlichen Arbeit zur Sicherung des Feuchtbereiches verbrachte. Dann war es so, wie er es wollte. Eingezäunt, einige Apfelbäume vor und hinter dem Zaun, Holler- und Blumenpflanzen gezielt gesetzt. Man konnte diesen Geländeteil jetzt fast ein Kleinod nennen. Johann war halt nur der Ansicht das es so, wie es nach seiner Verschönerung war, den besten Zustand hatte. Johann widmete sich wieder verstärkt seinen Aufgaben, die er mit dem Erbe angetreten hatte. Schließlich gab es nicht nur diesen Teil seines Besitzes der Aufmerksamkeit verlangte. Mit angemessener Eile kümmerte sich Johann um die Mißstände seines Eigentums. Das Dach machte ein wenig Arbeit da der letzte windige Tag einige Schindeln verschoben hatte. Bevor es an diesen Stellen hereinregnete befestigte Johann lieber die Schindeln neu oder tauschte Beschädigte aus. Die Unterstände für Reittiere von Reisenden mußten auch gereinigt und mit neuem Stroh ausgestreut werden. Von alleine macht sich auch diese Arbeit nicht. Da muß man in den Pausen schon selbst die Forke in die Hand nehmen. Johann, dem man ihm hinter der Hand den Namenszusatz „der Tumbe&rdquoo; verpaßt hatte, war nicht der, den man in ihm sehenwollte. Das wurde in dieser kurzen Zeit schon ersichtlich die er auf seinem Besitz lebte und seiner Arbeit nachging.

Gut. Bis jetzt war er nicht gerade reich geworden. Verhungert war er auch nicht. Dennoch war es ihm gelungen einen kleinen Wohlstand zu erwirtschaften. Das machte ihn zu einer guten Partie für die Mägde und die in der Erbfolge ausgeschlossenen Jungbäuerinnen. Johann, dem man immer wieder eine mögliche Partnerin aufdrängte, hatte sich aber entschieden. Da er selbst nicht gerade ein Faulenzer war, wollte er auch keine Partnerin, die der Arbeit aus dem Weg ging. Also machte er sich selbst auf den Weg zu seiner Auserwählten. Das Glück war ihm nicht abgeneigt und, so sprach er es mit dem Dienstherrn der Magd ab, nach Auszahlung des Lohnes im Herbst konnte seine Heirat stattfinden, wenn seine Holde ihn dann noch wollte.

Johann begab sich wieder auf seinen Besitz. Schon beim Eintreten durch das Tor schien ihm eine Veränderung vorgegangen zu sein. Er kam aber noch nicht darauf, was oder wo diese eingetreten war. Bevor er aber großartig suchte, entschloß er sich zu einem geruhsamen Abend mit etwas längerem Schlaf. Immerhin hatte sich für den kommenden Tag eine Kutsche angesagt und die Passagiere verlangten nach einem Essen zu Mittag. Da das mit dem Zaubern schon seit langem nicht mehr klappte, war klar wer dafür am Herd stand.

Johann wurde von einem Rumpeln geweckt. So schnell wie er wollte, kam er aber dennoch nicht aus dem Bett. Irgendwie hatte er sich im Schlaf in einigen Decken verheddert. Etwas langsamer als gedacht verließ er das Lager und trat zum Fenster. Dann mußte er zweimal hinsehen. Dort wo gestern noch eine Matschkuhle gewesen war, befand sich nun eine Wasserfläche, die sich in den perfekt in den Bewuchs einordnete, als hätte alles schon sein langer Zeit so und nicht anders sein müssen.

Johann, dem das Ganze nicht so geheuer war, kleidete sich an und richtete sein Frühstück her. Danach kam die Vorbereitung für die Kutsche am Mittag an die Reihe. Da noch etwas Zeit war, schlenderte er im Anschluß nach den Arbeiten zu seiner Oase. Je näher er dieser kam desto größer wurde sein Staunen. Aus dem unwirtlichen, aber eingezäunten Gelände, war bis auf einige Kleinigkeiten über Nacht ein Ort der Entspannung geworden, an dem man gern verweilen würde, wenn man ihn kannte. Johann erreichte die neue Wasserfläche und schluckte. Statt brakigem Wasser gab es nun ein herrlich klares Gewässer.

Er ging in die Hocke und schöpfte mit zusammengelegten Händen etwas Wasser und kostete es. Ungläubig schüttelte er den Kopf und genehmigte sich noch einen Schluck des Wassers. Der Geschmack blieb, kühl und köstlicher als das Wasser aus dem Dorfbrunnen oder aus dem Brunnen hinter seinem Haus. Lange blieb Johann aber nicht alleine. Eine Gestalt schwamm im Wasser auf ihn zu. Erschreckt setzte er sich auf den Hintern. Prompt tauchte die Gestalt auf und kicherte. Johann, der wegen seiner Körpergröße keine wirkliche Angst hatte, blickte zu seinem Besuch hinüber und fragte nach dessen Anwesenheit hier. Die Antwort versetzte Johann doch in Unglauben. Sein Gegenüber teilte mit sie wäre eine Wassernixe, die schon seit langem ein neues, angenehmes Heim gesucht hatte. Ihre Wahl sei am Schluß auf das geschönte Matschloch auf dem Besitz von Johann gefallen. Es sei zwar zu Beginn kein Schloß gewesen aber es gab in der Nähe einen Menschen, der bemüht war etwas Schönes aus diesem Ort zu machen. Sie, die Nixe würde, wenn sie dürfe, ab sofort in diesem Teich wohnen und seine Nachbarin sein.

Johann dachte kurz nach. Dann erklärte er sich mit der neuen Nachbarin einverstanden. Gleichzeitig teile er aber mit das es in Kürze noch jemanden gäbe. Dieser Jemand könne Einwände haben und er, Johann, wolle jedoch keinen Streit und machte daher ein Vertragen zwischen den Frauen als endgültiges Einverständnis zur Bedingung. Die Nixe dache nach, dann sagte sie zu und versprach das Mögliche zu tun, was den Frieden erhalten könne. Wenn aber die spätere Gattin nicht wolle, dann könne sie auch nichts machen und er, Johann, müsse dann als Schiedsrichter fungieren. Johann willigte ein da ihm klar war, das die Nixe recht hatte. Einige Wochen vergingen in denen Nixe und Johann gute Nachbarn waren. Dann kam der Tag der Entscheidung. Zum Erstaunen Beider willigte Johanns Frau ein die Nixe im Teich zu dulden. Solange sie also auf der einen Seite des Zaunes blieb, kam von ihr auf der anderen Seite kein Grund zu Beschwerden. So lebten sie und ihre Erben zufrieden und in Eintracht. Das mal ein Spielzeug über den Zaun flog, störte nicht wirklich. Es kam nach einigen Tagen auf nicht erklärbare Art und Weise zurück. Auch wurden hin und wieder im Laufe der Zeit kleine Geschenke oder Einladungen ausgetauscht. Wie es aber im Ländlichen so ist gibt es immer eine Institution, die mit dem Wohlstand der Nachbarn ihre Probleme hat. Dem Sprengel lag der Besitz von Johanns Erben mächtig quer im Magen. Der momentane Besitzer, Jupp, war nicht nur Besitzer des Ererbten sondern ihm gehörten auch noch größere Ländereien im Nachbarort Buer. Zwar gab er seinen Beitrag an die Kirche und war Bedürftigen gegenüber nicht geizig. aber es reichte dem Pfarrer nicht. Somit war klar das diesem Gierlappen ein Grund einfallen mußte um den Besitz, wenn schon nicht ganz, dann wenigstens zum größten Teil, zu bekommen. Wirklich lange brauchte dieser Geizkragen auch nicht suchen. Er fand den Stein des Anstoßes im Weiher, samt Umgebung, auf Jupps Stammbesitz. Schnell ließen sich auch noch einige Nebenkläger finden und Jupp stand vor Gericht ohne zu wissen wie er da hin kam.

Da der Richter dezente Zuwendungen bekommen hatte wurden Jupp einige Schandtaten angehängt und er stand vor der Wahl. Entweder er verschenkte quasi seinen Besitz an die Kirche oder er landete für lange Zeit im Kerker aus dem er vermutlich nicht wieder heraus kam. Seine Frau hingegen würde ohne Schutz ihren Teil an der Untat abbekommen. Jupp brauchte nicht lange nachzudenken. Er tat was das Gericht ihm auferlegte aber nicht ohne sich eine Woche Zeit auszudingen, in der er seine Geschäfte abschließen wollte. Gericht und Kirche standen ihm die Zeit zu. Jupp teilte seiner Frau und der derzeitigen Teichbewohnerin die üble Nachricht mit. Dann packte er seine Familie, sein Hab und Gut in einem Wagen zusammen, Nach einem Abschied von Haus, Nixe und Nachbarn verließ Jupp sein Heim. Bei seinem Bruder im fernen, heutigen Laer, fand er eine Bleibe bis er den heruntergekommenen Nachbarhof erwerben und wieder in Betrieb nehmen konnte. An seinem ehemaligen Eigentum sah es schnell recht übel aus. Gäste blieben weg, das Gelände verwahrloste und der ehemals Ort des Verweilens mit dem, von einer Nixe bewohnten, Weier war wieder das, was er einst war. Ein Matschloch das weder Tier noch Mensch wollte und die Nixe hatte auch ihr Heim verlassen und dafür gesorgt das keiner wirklich an diesem Platz Interesse hat. Vielleicht kann ja ein Nachkomme von Jupp wieder in den Besitz des Geländes kommen und alles wird wieder so, wie es einst einmal war. Bis dahin sieht es aber nicht gerade gut aus und nicht einmal die Kaninchen wollen sich hier lange aufhalten. Von dem ehemals köstlichen Wasser wollen wir hier erst gar nicht reden.