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Der Moorgarten vom Hagenburger Schloß

Einst, also in der Zeit um vor 1750, gab es den Hagenburger Kanal und das Schloss Hagenburg noch nicht. Dafür aber einige verschieden große moorige Stellen im damaligen Waldgebiet am Steinhuder Meer. Eigentlich nichts ungewöhnliches, wenn der Grundwasserspiegel über lehmigem Grund recht hoch ist. Da das Steinhuder Meer nicht weit weg ist, verwundert es nicht, dass diese Tatsache auch für die angrenzenden Wiesen gilt. Da Adlige oft passend gelegene Plätze für sich oder ihre Bauwerke wie Burgen, Schlösser oder Gartenanlagen suchten und verlangten, machte da auch das Fürstenhaus von Schaumburg-Lippe keine Ausnahme. Fürst Wilhelm, der des öfteren durch seine Lande reiste, fand dabei auch einen Ort, an dem er für längere Zeit verweilen wollte. Also ließ er sich zunächst in Steinhude nieder um sich mit den Gegebenheiten des Umfeldes vertraut zu machen. Da jedoch seine, sich anschließenden, Projekte nicht im Handumdrehen zu erledigen waren, nahm der Fürst im Schloss Landestrost, im späteren Neustadt am Rübenberge, Station. Na ja. Irgendwo müssen auch Fürsten sich mal zur Ruhe betten.

Nach dem nun auch das mit dem Ausruhen geklärt war, schritt der Fürst zur Tat. Er ließ Gefangene aus Gefängnissen umliegender Städte nach Steinhude verlegen und heuerte auch bei örtlichen Fischern und Bauern freies Personal an. Mit dem Eintreffen der Leute ging es dann los. Entlang der schon abgesteckten Bereiche zwischen Steinhuder Meer und dem Platz, an dem später das Hagenburger Schloss entstehen sollte, wurde Boden ausgehoben und am Ufer des so genannten Meeres zwischengelagert. Er würde später noch zu den Inseln im Steinhuder Meer gebracht werden, so der fürstliche Plan.

Nach und nach gruben die Leute den Kanal und sorgten aber vorerst dafür das alles möglichst trocken blieb. Im großen Ganzen gelang es. Dennoch musste zu Tricks gegriffen werden, damit die Leute das Wasser aus dem Graben entfernen konnten. Nach angemessener Zeit war dann der Kanal, in Trockenbauweise, fertig. Zur Einweihung sorgte dann der Graf für den Durchstich, damit das Wasser des Steinhuder Meeres den Kanal fluten konnte. Recht zügig lief der Kanal denn auch voll und das Ganze wurde ausgiebig mit Gästen und Festmahl, samt Getränken, gefeiert. Nach einigen Tagen der Lustbarkeiten ging es dann weiter. Der Fürst ließ einerseits Boden für den Unterbau des Hagenburger Schlosses ausheben und andererseits, mit arbeitsfreien Fischern als Verstärkung, den Boden vom Ufer und der neu ausgehobenen Baugrube zu den Inseln im Steinhuder Meer bringen. In der Zeit, die er nicht an den Baustellen anwesend sein musste, lustwandelte Fürst Wilhelm von und zu Schaumburg-Lippe durch Feld, Wald und Flur im Umfeld der Arbeiten. Was er sah, gefiel ihm. An besonderen Stellen ließ er Gärten anlegen und sorgte auch dafür das geeignete Steganlagen errichtet wurden.

Damit seine Untertanen sich nicht über alles mokierten, verteilte Graf Wilhelm an einige Familien Vergünstigungen. Mal durften die fürstlichen Stege genutzt werden um Fischerboote zu be- und entladen. Dann durften besondere Fische gefangen und von den bevorzugten Familien vertrieben werden. Dann wieder erhielten sie die Erlaubnis Räucherfisch herzustellen und zu vertreiben. Damit zog der Fürst die Leute auf seine Seite und füllte gleichzeitig seine Kasse auf. Bei einer dieser Lustwanderungen traf der Fürst auf einen Bereich, der seitlich vom Bauplatzes des Schlosses lag und der sehr morastig oder moorig war. Am Anfang fehlte ihm die Eingabe. Dann schlug ihm ein Untergebener vor hier Wasserflächen freizulegen und diese sich selbst zu überlassen. Das sollte dazu dienen zu sehen, ob nicht etwas Schönes aus der Natur heraus entstehen könne. Gesagt, getan.

Der Fürst griff den Gedanken auf und ließ im Weidegebiet am Schloss einen Bereich einzäunen, etwa in der Größe von etwa zwei Hektar. Darin ließ er in wahllosem Abstand einige Teiche anlegen. Das Fluten übernahm die Natur. Im ersten Jahr gab es nicht viel zu sehen. Dann aber siedelten sich mehr und mehr Pflanzen an, die mit dem Wasserüberschuss zurecht kamen. Der Fürst und seine Gattin freuten sich über den Anblick der Pflanzen und Blüten. Damit man nicht nur vom Rand aus die Pracht bewundern musste, legte man auf fürstlichen Befehl hin noch einen Weg zwischen den Wasserflächen an, der an besonders schönen Blüten oder Pflanzen vorbei führte. An anderen Stellen sorgte man dafür, das man beim Flanieren durch die Natur auch verweilen konnte und errichtete Sitzgelegenheiten.

Wie das aber in Haushalten adeliger Familien so ist, gibt es den einen oder den anderen der glaubt sich ungestraft bereichern zu können. So auch ein Mitglied der Küchengesellen. Er, besser sie, ließ in aller angenommenen Heimlichkeit Teile vom fürstlichen Silberbesteck zunächst einmal verschwinden. Sollten ihre Diebstähle nicht auffallen, dann wollte sie das Tafelsilber zur Gänze verschwinden lassen und sobald die Gelegenheit günstig wäre, sollte das Besteck versilbert werden. Dafür hatte sie schon den Weg des Plans festgelegt. Das Besteck würde zu ihrer Familie gebracht werden. Die sollten alles eingeschmelzen und in gefälligen Stücken unter die Leute bringen. Als Plan nicht schlecht. Jedoch am Tag, als der Plan zur Ausführung kommen sollte, verlangten die Pagen des Fürsten genau das Besteck für die fürstliche Tafel, das die Küchenmagd für sich auf die Seite gebracht hatte. Zunächst war guter Rat teuer, da das gute Besteck nicht auffindbar war. Je länger aber die Suche dauerte, desto mehr Personal half bei der Suche mit. Am Ende fand man dann doch das Gesuchte. Dabei stellten die Finder fest, so wie es verpackt war, hätte es aber nicht in der Kiste sein sollen. Also rief man den Fürsten und den Verwalter um zu klären was, man vorgefunden hatte. Schnell stand fest das die Angelegenheit nicht mit rechten Dingen zuging. Eine Befragung brachte zunächst auch keine Aufklärung. Um aber keinen Unschuldigen zu verurteilen, ließ der Fürst verkünden das man das gute Besteck zunächst nicht benötige. Damit aber ein Übeltäter nicht ungestraft davon kam, wurde eine Verwandte des Fürsten hergebeten damit sie sich um die Angelegenheit zu kümmere.

Lange brauchte sie nach den Feierlichkeiten zur Einweihung von Schloss Hagenburg nicht. Dann hatte sie heraus wer lange Finger hatte. Umgehend wurde die Anklage erhoben und die Küchenhilfe stand vor dem Richter. Hier half ihr kein Bitten und Betteln, da nicht nur das Besteck sondern auch andere Wertsachen wie Silberkrüge oder auch Schmuckstücke aus dem Familienschatz von der Angeklagten beiseite geschafft und zu Geld gemacht werden sollten. Das Urteil wurde dann erst dem Fürst bekannt gemacht. Er sollte das letzte Wort haben, da ja die fürstliche Familie geschädigt worden war. Fürst Wilhelm änderte die Verurteilung von Köpfen in Gang durch den Meergarten. Gelang es, sollte dier Küchengehilfin zwar frei sein, aber auf schnellstem Wege das Fürstentum verlassen. Gelang es nicht, so hätte Gott das letzte Wort gehabt.

Am Tag der Urteilsvollstreckung drängte sich einiges an Volk in die abgesperrten Moorgärten am Hagenburger Schloss. Zur angekündigten Stunde gab dann auch der Fürst den Befehl die Verurteilte an den Moorbereich zu bringen. Auf sein Zeichen hin wurden der Delinquentin die Fesseln abgenommen und sie nach vorn, in den Gartenbereich, gestoßen. Sie begriff. Jetzt ging es um alles oder nichts. Nach einem Stoßgebet gen Himmel, gefolgt von einem schnellen Kreuzzeichen ging es los. Erst langsam, dann schneller bis sie fast rannte. Bei ihrer Schnelligkeit übersah er dann auch einige Warnungen, die ihm die Natur gab. Pflanzen zeigten tiefen Morat an und genau in diesen führten die Verurteilte die eigenen Füße. Als sie es bemerkte, war es auch schon zu spät. Sie schaffte noch einige beherzte Sprünge, dann schlug der Boden zu. Schnell sank die Verurteilte ein.

Statt aber mit Ruhe nach einer Lösung zu suchen, machte es die Hektik zur vermeintlichen Rettung nur noch schlimmer und sie sank immer tiefer in den Sumpf. Als ihr das Wasser im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Hals stand, rief die Magd, bei allem was ihm heilig war, um himmlischen Beistand. An diesem Tag, oder wegen der Tat, schienen die Heiligen wohl taub zu sein. Sie sandten weder irdische noch himmlische Hilfe und die Verurteilte sank endgültig ein. Einige Blasen aus dem Morast später war das fürstliche Urteil vollstreckt und die Seele der Diebin nahm den Weg zu ihren Genossen und Genossinnen. Da jedoch die Untat nicht schwer genug war, um die Seele in der Hölle für ihre Schandtaten schmoren zu lassen, schickte ihn der götliche Vater ins so genannte Fegefeuer zur Läuterung. Gäbe es genug Gläubige, die für die unglückliche Seele beteten, so sollte die Diebin schnell wieder unter die Gläubigen und damit ins Ewige Licht gelangen. Wenn aber nicht, dann würde sie wohl recht lange für die Tat büßen. Wie der Schiedsspruch im laufe der Zeit ausgegangen ist, das wurde nicht überliefert. Wollen wir aber einmal annehmen das sie ihre Buße hinter sich gebracht hat und den Ort der Läuterung verlassen konnte um Gott, zusammen mit anderen auf himmliscche Art und Weise zu ehren.