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Das Kloster Loccum

Um 1100, als man sein Seelenheil noch mit Wallfahrten zu verbessern suchte, gab es noch nicht viele große Zielpunkte und noch weniger Wege dorthin. Also galt es für die katholische Kirche da irgendwie Abhilfe zu schaffen. Klar, es gab schon etliche Wallfahrten an heilige Plätze. Das waren aber eher örtliche Verehrungen. Um jedoch lohnenswerte Heiligenverehrungen auf den Weg zu bringen, waren schon große Heilige von nöten. Dazu wollte man für diese natürlich auch Kirchen, Klausen, Herbergen und Klöster entlang des Weges haben. Alle Einrichtungen sollten selbst betrieben werden, um den Pilgern möglichst viel Geld aus der Tasche zu ziehen. So wurde von der Kurie eine Kongregation gegründet die sich mit dem Problem befassen sollte.

Zunächst wurde eine Liste der aktuellen Wallfahrten mit den jeweiligen Zielorten erstellt. Bei dieser Arbeit wurde schnell klar, das der Katalog ziemlich umfangreich werden würde. Allein die Zahl der momentan verehrten Heiligen war ziemlich groß. Auch war die Anzahl der angeblich vollbrachten Wunder nicht gerade gering. So hatte die Priestergruppe einiges an Schreibkram zu erledigen. Jedoch mit dieser Erfassung war es nicht getan. Es galt ein Wegenetz zu benennen, das die Pilgerreisen passend zu den Heiligen und die von ihnen geheilten Krankheiten erfasste. So als Beispiel man konnte nicht so einfach eine Route bestimmen auf der die Wirkungsstätten in Bezug auf die Heilungen wild durcheinander gewürfelt waren. Augenlicht, Fußkrankheiten, Gehör, Atmung, Lepra, Kinderlähmung oder Knochenbrüche (Die Krankheiten wurden oft erst viel später mit den heute geläufigen Namen betitelt. Das ist mir auch klar).

Als Wanderung von A nach B war das ja egal, aber wenn man nur eine Wallfahrt für eine zu heilende Krankheit machen wollte, passten die Heiligen und ihre Verehrungsstätten oft nicht zu diesem Weg. Die Kirche wäre aber nicht die katholische Kirche, wenn es da nicht eine Lösung gegeben hätte. Man gründete halt eine weitere Kongregation. Diese hatte die Aufgabe die Pilgerwege anzupassen. So in dem Stil von a nach e findet man Heilige die sich mit der einen Krankheit befassten und von d nach q war dann eine andere Krankheit dran, die eigene Kirchen mit ihren jeweiligen Heiligen aufwies. Zusätzlich wurde dann noch ein Orden gegründet der sich nur damit befasste die Reliquien der passenden Heiligen in Verbindung mit den jeweiligen Pilgerwegen zu bringen. Natürlich ließ sich das alles nicht in ein oder zwei Jahren erledigen. Dazu war alles etwas zu umfangreich. Vor allem, selbst wenn man wollte, es fehlte an Plätzen, Orten, Kirchen und Klöstern, wo sich die entsprechenden Heiligenverehrungen durchführen oder einrichten ließ.

Auch fehlte das nötige Geld. Damit waren die Gläubigen mit im Boot. Sie wurden um Almosen gebeten, Steuern auf kirchlichen Gütern erhöht, Besitzungen von Klöstern soweit es ging, legte man zusammen um größere Acker- oder Weideflächen zu bekommen. Zusätzlich spannte man den gesamten Adel ein um mehr Stellen zu haben, an denen sich Geld für die Plandurchführungen besorgen ließ. Als besondere Pilgerwege hatte man zunächst die Wallfahrten von Maria-Stellaris und Johannes von Compostela ausgesucht. Man konnte zwar schon die Pilgerrouten festlegen, aber die Etappen bereiteten noch viele Jahre lang einiges an Schwierigkeiten. Immerhin waren die Straßen und Wege auch nicht mehr das, was sie zu Römerzeiten noch waren. Zusätzlich konnte man den Pilgernden nicht einfach auferlegen, dass sie im Marschtempo römischer Legionen von einer Wallfahrtsstation zur nächsten eilten. Angeblich, wie wohl Caesar mitteilte, müssten sie dann in der Lage sein so um die 60 Kilometer am Tag zu marschieren. Damit haben ja heute noch die Meisten mit dem üblichen Tagespensum ihre Probleme. Wer pilgert, der dürfte mit etwa zwanzig Kilometer am Tag genug haben. Daher sandte die katholische Kirche Mönche aus, um an günstigen Stellen schon einmal Klausen mit kleinen Herbergen zu errichten. Damit wurden dann grobe Karten erstellt, auf denen die Orte der vorhandenen Pilgerstationen immer wieder auf den neuesten Stand gebracht wurden. Gleichzeitig versorgte man die Stationen mit Personal, das sich um die Pilger samt Almosen kümmerm sollte. Da die Pilger auch verpflegt werden sollten, lies man es sich auch gut bezahlen. Die Gewinne wurden dann geteilt. 10 Prozent bleiben in der Pilgerstation und 90 Prozent gingen an Rom. Natürlich verlief das ähnlich wie heute. Nicht alle Spenden kommen da an, wo sie auch hinsollen. Dazu waren zu viele Hände auf dem Weg um sich ihren Anteil der Gelder anzueignen. Daher trat man dieses Missmanagement nur unfreiwillig breit, aber man nutzte es weidlich aus. Trotzdem wurden die Pilgerstrecken doch einmal fertig und man konnte auf dem Weg zum Ziel seinen Heiligen an den Stationen verehren und um Heilung, Vergebung oder Hilfe bitten.

Eine dieser Stationen war das Kloster Loccum, das zum Wegesystem der Pilgerstrecke nach Santiago de Compostela gehörte. Es wurde vom Adel gestiftet und Mitglieder des Adels traten immer wieder in dieses Kloster ein. Gleichzeitig vergrößerte sich der Reichtum. Das vermehrte natürlich auch den Neid anderen Pilgerstationen, die nicht soviel Vermögen oder Land besaßen. Prompt begann man mit Verleumdungen, teilweise der übelsten Art. Dazu gehörten Teufelsanbetungen, Hexerei, Urkundenfälschungen und sogar Erpressungen waren da fast im Monatsangebot. Für Loccum hatte man sich auf Hexerei eingeschossen. Zum Leidwesen der Verleumder befanden sich gerade wieder Mitglieder von Familien im Kloster Loccum die auch Bischöfe von wichtigen Bistümern stellten. Mit den Vorwürfen handelten sich die Verleumder nun gehörigen Ärger ein. Auch gab die Verleumderei im Moment genug Material für ein so genanntes Eigentor. Nach dem Erhalt eines größeren Erbes, ein Bauernhof mit vielen Ländereien, kamen erneut Anfeindungen auf das Kloster Loccum zu. Man versuchte Einsprüche zur Besitzübergabe vorzubringen.

Damit hatte der neidische Abt des Konkurrenzklosters aber in ein Wespennest gestochen. In dieser Zeit befanden sich gerade wieder Familienmitglieder der Bischöfe von Paderborn, Magdeburg und Köln in Loccum. Das schrie umgehend nach gewaltigem Ärger. Das die Familienmitglieder aus dem höheren Adel sich derzeit im Kloster Loccum mit Mädgen und Novizinnen das Klosterleben versüßten, machte es für die Kläger nicht leichter. Am Ende verloren sie den Prozess und zahlten nebenbei alle Kosten. Zusätzlich wurde eine gehörige Entschädigung fällig. Das Kloster Loccum hingegen nutzte den neuen Reichtum um weitere Gebäude zu errichten. Auch sollten damit die Anbindungen an geeignete Pilgerwege ausgebaut werden. Nach etlichen Jahren der Ruhe begannen die Grafen, Herzöge und Fürsten sich mit Meinungsverschiedenheiten herumzuplagen. Lange nutzte es aber nichts, dass die Grafen und Fürsten der Umgebung sich bekriegten. Anfangs achtete man ja noch auf Kirchen und Klöster, aber die Achtung fiel nach und nach mit dem aufkommenden Hunger der Landbewohner. So hielten sich Kriegsgewinner oder auch Kriegsverlierer oft an der Kirche schadlos, wenn nicht genug Finanzkraft aufgebracht werden konnte. Genau mit dieser Problematik hatte nach 1650 auch Kloster Loccum zu kämpfen, bis es kurz vor der finanziellen Aufgabe stand. Doch konnte man sich mit Mühe und Not retten und trotz der Aufhebung um 1802 mit Glück und Geschick bis heute überleben. Wenn die Pilgerwege und Spenden nicht geringer werden und die Mönche mit guten Ideen Erfolg haben, dann bleibt das Kloster in Loccum am Pilgerweg nach Santiago de Compostela auch noch für länger bestehen.